Entlassene Mitarbeiter 1933

Nationalsozialistisches Unrecht und „Wiedergutmachung“: Listen der 1933 entlassenen Mitarbeiter der Stadt Frankfurt

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Das „Verzeichnis der wiedergutmachungsberechtigten Bediensteten“ wurde im Rahmen der Aktenbewertung in einem Registraturkeller entdeckt und als Teil eines Konvoluts von 39 Akten zur „Wiedergutmachung“ in das Institut für Stadtgeschichte übernommen. Die Akte, die nun in den Lesesaal bestellt werden kann, schließt eine wichtige Überlieferungslücke. Mit ihr steht der Forschung und der interessierten Öffentlichkeit erstmals eine vollständige Liste aller städtischen Bediensteten zur Verfügung, die nach 1933 aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen entlassen wurden.

Insgesamt handelte es sich um 151 Beamte, 101 Angestellte und 628 Arbeiter. Diese waren in verschiedenen Ämtern und Dienststellen tätig – so beispielsweise im Gartenamt, Fürsorgeamt, Kulturamt, Stadtgesundheitsamt, bei den Städtischen Bühnen, der Stadtreinigung oder im Palmengarten. Zusätzlich enthält die Akte Listen der Bediensteten, die den Nationalsozialismus überlebten und aufgrund ihrer Verfolgung nach 1945 einen Antrag auf Wiedergutmachung stellten.

Die Akte entstand in den Jahren zwischen 1946 und 1953 als „Arbeitsmittel“ der Stadtverwaltung. Im Mai 1946 hatte das Land Hessen ein sogenanntes Entschädigungsgesetz erlassen. Dieses bot der Stadtverwaltung eine erste, allerdings noch nicht umfassende rechtliche Grundlage, die nach 1933 aus dem städtischen Dienst entlassenen Bediensteten zu entschädigen.

Die Entschädigung bzw. Wiedergutmachung umfasste die Wiedereinstellung und – bis zum Übergang der Zuständigkeit an das Land – die Zahlung von Versorgungsbezügen durch die Stadt Frankfurt. Das Verfahren der „Wiedergutmachung“ war für die Opfer des Nationalsozialismus allerdings äußerst mühsam und steckte voller bürokratischer Hürden.

Die gemeinsam mit den Listen übernommenen Akten zeigen, dass seitens der Stadtverwaltung zunächst große Unsicherheit hinsichtlich des korrekten Verfahrens herrschte. Zum einen änderten sich die gesetzlichen Grundlagen innerhalb kurzer Zeit mehrmals – so wurden 1949 zunächst die Entschädigungsgesetze in den westlichen Besatzungszonen vereinheitlicht und als entsprechende Landesgesetze verkündet, später folgten entsprechende Bundesgesetze, zuletzt das sogenannte Schlussgesetz vom 14. September 1965, das eine Antragsfrist bis zum 31. Dezember 1969 festsetzte. Zum anderen gab es unzählige offene Verfahrensfragen, bei denen man nach einer verbindlichen und einheitlichen Regelung suchte. Immer wieder wandten sich die Mitarbeiter der Stadtverwaltung mit Hinweisen, Fragen und Vorschlägen an das Regierungspräsidium und das hessische Finanz- und Innenministerium; zudem initiierte man einen Erfahrungsaustausch der Kommunen. Zu den Bemühungen, Regelungen im Interesse der Betroffenen zu finden, zählten auch der Magistratsbeschluss Nr. 591 und der Stadtverordnetenbeschluss §722 aus dem Jahr 1953. Darin verpflichtete sich die Stadt Frankfurt zur Zahlung einer zusätzlichen, freiwilligen übergesetzliche Entschädigung, da man festgestellt hatte, dass nicht alle der nach 1933 entlassenen Arbeiter und Angestellten ausreichend versorgt waren und dass diese außerdem im Vergleich zu Beamten schlechter gestellt waren.

Die Akten spiegeln somit die Bemühungen der Verwaltung wieder, zeigen jedoch auch die Grenzen und Härten der in Regularien gefangenen „Wiedergutmachung“. Deutlich wird dies durch Einzelschicksale, aber auch durch den behördlichen Sprachgebrauch. So werden die Betroffenen auch in der Akte Nr. 170 nicht als Opfer des Nationalsozialismus bezeichnet, sondern euphemistisch als „im Nationalsozialismus gemaßregelte Bedienstete“ der Stadt Frankfurt.


Hinweise zur Benutzung

Die Liste der im Nationalsozialismus entlassenen städtischen Mitarbeiter wird hier vollständig als Digitalisat zur Verfügung gestellt. Dies ist möglich, da die personenbezogenen Schutzfristen nach dem Hessischen Archivgesetz bereits abgelaufen sind. Das Konvolut der 39 Akten zur „Wiedergutmachung“ wurde inzwischen ausführlich verzeichnet, Beschreibungen der Akten sind online einsehbar. Hiervon sind nur die Akten ausgenommen, die noch den Schutzristen unterliegen. Auch diese Akten können allerdings auf Antrag für eine wissenschaftliche Auswertung zur Verfügung gestellt werden.