© ISG FFM: Erster Wetterbericht des Physikalischen Vereins, abgedruckt in der Frankfurter Oberpostamtszeitung vom 9. Januar 1826
XWie wird`s Wetter: Frühe Wetteraufzeichnungen für Frankfurt
Das Wetter gehört zu den Gesprächsthemen bei denen man garantiert nichts falsch machen kann. Über die Genauigkeit der Wettervorhersagen schimpft man gerne und früher war das Wetter immer besser (vor allem im Sommer). Aber wann begann man in Frankfurt eigentlich, Berichte über das Wetter aufzuschreiben, Temperaturen zu messen oder Wettervorhersagen zu veröffentlichen?
Berichte über Unwetter, Hochwasser, Kälte- oder Dürreperioden reichen bis in das späte Mittelalter zurück und sind in Chroniken wie z. B. der Lersner-Chronik überliefert (Lersner, Achilles August von: Der Weit-berühmten Freyen Reichs- Wahl- und Handels-Stadt Franckfurt am Mayn Chronica, Oder Ordentliche Beschreibung der Stadt Franckfurt Herkunfft und Auffnehmen ..., 1706). Auch eine erste Temperaturmessung ist in dieser Chronik aufgeführt: 1695 setzte ab dem 15. Dezember eine Kältephase ein, die sich im Laufe des Januars 1696 bis auf -17 Grad steigerte. Leider ist nicht bekannt, ob sich diese Gradangabe auf Celsius, Reaumur usw. bezog und mit welchem Instrument diese Temperatur gemessen wurde.
Die ersten genauen Temperaturmessungen führte 50 Jahre später der Frankfurter Kaufmanns Peter Meermann mit einem selbst gebauten Quecksilberthermometer oder „Thermoskop“ über die Jahre 1756-1798 durch. Zwei Bände mit seinen handschriftlichen Aufzeichnungen liegen noch heute in der Handschriftenabteilung der Universitätsbibliothek vor. Über sein Leben ist außer den reinen Daten (29.04.1734 – 31.03.1802) nur wenig bekannt. Zusammen mit seinem Bruder führte er eine Kolonialwarenhandlung in der Schnurgasse Nr. 71, wo auch das Thermometer aufgestellt war.
Ein längerer Artikel über Meermann findet sich im Jahresbericht des Physikalischen Vereins von 1883/1884, abgedruckt wurden seine Messungen erstmals teilweise durch einen Lehrer am Frankfurter Gymnasium namens Ludwig Thilo im Jahr 1821. Meermann wird auch in zahlreichen naturkundlichen Lexika erwähnt. In seinen Aufzeichnungen berichtet Meermann darüber hinaus von älteren Messungen aus den Jahren 1709 und 1740. Demnach soll die Tiefsttemperatur im Januar 1709 genau -21,3° C betragen haben.
In der Zeit von 1793 bis 1814 wurden Temperaturextreme lückenhaft durch den Türmer der Katharinenkirche Johannes Ebert aufgezeichnet. Auch diese Beobachtungen sind in abgedruckter Form noch vorhanden. Weitere Temperaturmessungen aus der Zeit zwischen Meermann und den ersten Wetterberichten des Physikalischen Vereins (ab 1826) listet der Frankfurter Kalender von Johann Konrad Bansa auf. Messungen ohne Quellenangabe bis 1825 finden sich auch im Werk „Kurze physisch-geographische Beschreibung der Umgebung von Frankfurt am Main“ von Georg Ludwig Kriegk aus dem Jahr 1839.
Am 9. Januar 1826 erscheint dann der erste Wetterbericht in einer Frankfurter Zeitung. Das Wetter war in der Zeit vom 1. bis zum 6. Januar überwiegend heiter bei Temperaturen von – 2,3 bis + 1,1° (gemessen um 14 Uhr), Tiefsttemperatur waren –6,5° am 3. Januar, gemessen um 8 Uhr. Angegeben wurden weiterhin Luftdruck und Luftfeuchtigkeit, Windrichtungen und Wasserhöhe des Mains. Eine Wettervorhersage gab es noch nicht, es wurde über das Wetter der vergangenen Woche berichtet. Im Erläuterungstext unter der Tabelle steht, dass man durch diesen Service sowohl zur Meteorologie im Allgemeinen, als auch „zur Kenntniß der Witterung hiesiger Gegend“ beitragen wollte.
Der im Jahr 1824 gegründete Physikalische Verein sah es als eine seiner wichtigsten Pflichten an, die Frankfurter Bürger über das Wetter und die hiesigen Klimabedingungen zu informieren. Um dieses Ziel weiter voran zu treiben, baute der Verein mit Hilfe von freiwilligen Mitarbeitern ein regelrechtes Beobachtungsnetzwerk für die nähere Umgebung Frankfurts auf, gemessen wurde u. a. in Hersfeld, Homburg, Friedberg und Aßmannshausen. Die Beobachtungen im Verein wurden von einem Meteorologischen Comité durchgeführt, dass sich im Jahr 1827 gegründet hatte. Aus dieser Abteilung entstand später das Meteorologisch-Geologische Institut, das 1910 ein noch bestehendes Observatorium auf dem kleinen Feldberg gründete, und 1914 vom Verein in die Universität überführt wurde.
Außerdem tauschte man sich mit anderen meteorologischen Beobachtungswarten aus, gemeinsame Beobachtungen fanden mit Kaiserlautern statt, auch zu Weimar bestanden Kontakte. Die Berichte des Physikalischen Vereins, der ja auf eine Anregung Goethes hin gegründet worden war, gingen dabei zuerst an den Rath und Referendar Helbig, der sie dann an Goethe weitergab.
Hierzu ist ein Brief vom 19. Februar 1827 erhalten, in dem es heißt: „ [...]; so füge ich nur noch die gehorsamste Bitte bei mich ferner mit Ihren Mittheilungen zu beehren, die ich jedes Mal Herrn Minister von Goethe vorzulegen mich beeile und sonst allenthalben nach Ihren Wünschen verfahren werde.“
Im Jahr 1852 wandte sich der Vorstand des Preußischen Statistischen Büros in Berlin an den Verein mit der Bitte, mit dem dortigen meteorologischen Institut zusammenzuarbeiten „und nach demselben Plane mit verglichenen Instrumenten zu beobachten“. Dies waren auch die Anfänge eines verstaatlichten deutschen Wetterdienstes.
In Frankfurt wurden die Wetterberichte weiterhin in den Zeitungen veröffentlicht und am Gebäude des Senckenbergianums ausgehängt. Anscheinend genügte das den Anforderungen aber nicht mehr. Zuerst im Palmengarten, dann auch auf anderen öffentlichen Plätzen begann der Verein zur Förderung des öffentlichen Verkehrslebens Wetterhäuschen einzurichten, in denen Messgeräte so eingebaut waren, dass der interessierte Bürger selbst Temperatur, Luftdruck und Luftfeuchtigkeit ablesen konnte. Die Interpretation blieb allerdings jedem selbst überlassen. Diese Häuschen bestanden teilweise bis in die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts fort.
Die ersten täglichen Wetterkarten mit „barometrischen Minima und Maxima“ wurden von der deutschen Seewarte in den 1870er Jahren veröffentlicht. Der Physikalische Verein veröffentlichte stets vier dieser Wetterkarten und zwar der letzten vier Tage täglich neu am Senckenbergianum. Nun war es möglich, vorher zu wissen wie das Wetter wird. Man konnte die Bewegung der Hoch- und Tiefdruckgebiete auf den Wetterkarten verfolgen. Eine Anleitung zur Interpretation dieser Karten bot die Broschüre des damaligen Leiters des Meteorologischen Comites Dr. Georg Krebs „Wetterkarten und Wetterprognosen“ aus dem Jahr 1879. Da dies offenbar nicht den gewünschten belehrenden Effekt hatte, wurden Interpretationen der Wetterkarten von Krebs ab 1880 als Wettervorhersage im Frankfurter Journal und der Frankfurter Zeitung veröffentlicht.
Text: Claudia Schüßler