Nachlass Familie Guaita

Vom Pomeranzenjungen zum Oberbürgermeister: Der Nachlass der Familie von Guaita

© Institut für Stadtgeschichte, Nachlass Familie von Guaita

Von ihrem ursprünglichen Herkunftsort in Oberitalien gelangten Mitglieder der Guaita ins Römische Reich deutscher Nation und wurden als erfolgreiche Kaufleute vor allem in Aachen und Frankfurt am Main ansässig. Die nachgelassenen Dokumente (Bestand S1-518, siehe auch Kurzeintrag in der "Zentralen Datenbank Nachlässe") spiegeln diese geographische und soziale Mobilität, berichten aber auch von Reisen und der Teilnahme an glanzvollen politischen Ereignissen. Erste Spuren der Familie Guaita finden sich bereits ab der Mitte des 16. Jahrhunderts in Papieren der Kirchengemeinde von Grandola am Comer See. Darin werden sowohl die wichtigen persönlichen Ereignisse wie Taufen, Hochzeiten und Todesfälle als auch die aktive Teilhabe der Familie am Leben der Kirchengemeinde dokumentiert. Jenseits der Alpen schließlich betrieben zwei Guaita-Brüder das 1665 gegründete Handelshaus „Innocentius & Matthäo Guaita“. Allerdings gestaltete sich der Aufstieg der katholischen Familie in die protestantisch geprägte Frankfurter Gesellschaft langwierig. Nach der 1806 durchgesetzten vollen bürgerlichen Gleichberechtigung für Katholiken begann aber dann die beeindruckende Karriere von Georg Friedrich Guaita, der 1813 geadelt und 1822 Bürgermeister der Stadt Frankfurt wurde. Zeichen des Wohlstandes wurde die Villa Guaita, die Max von Guaita 1893 in Kronberg im Taunus errichten ließ. Ähnlich erfolgreich war der Aachener Familienzweig. Seine Vertreter erlangten als Industrielle Wohlstand und stellten mit Cornelius von Guaita zu Beginn des 19. Jahrhunderts den ersten Oberbürgermeister der Stadt Aachen. Im Frankfurter Leben sind die Guaita bis heute mit der 1848 gegründeten Louise-und-Stephan-von-Guaita’schen Stiftung präsent.

© Institut für Stadtgeschichte, Nachlass Familie Guaita
© Institut für Stadtgeschichte, Nachlass Familie Guaita
© Institut für Stadtgeschichte, Nachlass Familie Guaita
© Institut für Stadtgeschichte, Nachlass Familie Guaita

Der umfangreiche Nachlass beleuchtet sowohl die Geschicke der Familie an ihrem italienischen Herkunftsort als auch das Wirken der ausgewanderten Nachkommen. Darunter finden sich archivalische Schmuckstücke wie die lateinische Urkunde zur Verleihung des Adelstitels an einen Guaita aus Aachen durch Kaiserin Maria Theresia 1755. Anderes Schriftgut gibt Einblicke in alltägliche Ereignisse – die Beschaffung von Heiratserlaubnissen für Hochzeiten im Ausland 1723 oder ein Brief aus England von 1938, in dem die Benutzung der Familienkapelle in Grandola als Kino beklagt wird. Schließlich offenbart der Nachlass auch ein Steckenpferd, das die Familie quer durch die Generationen begleitete: das Interesse an der eigenen Geschichte und genealogischer Forschung. Erste Spuren der Forschung in eigener Sache zeigen sich bei Familienmitgliedern der Guaita schon im frühen 19. Jahrhundert. Mit dem Abschluss der Arbeiten wird der Bestand für alle Nutzer des Instituts für Stadtgeschichte zugänglich und gewährt spannende Einblicke in die bemerkenswerte Erfolgsgeschichte einer Familie.

Text und Bearbeitung des Nachlasses: Kristina Odenweller und Christian Pöpken (die Bearbeitung erfolgte im Rahmen eines Praktikums für den Vorbereitungsdienst für den Höheren Archivdienst am Landesarchiv Hessen, September 2017, ISG Frankfurt)