Komödienhaus

Das Komödienhaus in Frankfurt am Main. Ein Gemälde von Peter Woltze

© Das Komödienhaus in Frankfurt am Main, erbaut 1782, Gemälde von Peter Woltze, ca. 1902, ISG

Frankfurt debattiert seit 2017 über die Zukunft der Städtischen Bühnen: Sanierung des bestehenden Hauses oder ein Neubau? Bewahrung der Doppelanlage mit Oper und Schauspiel unter einem Dach oder Trennung der beiden Institutionen? Festhalten am Standort Willy-Brandt-Platz oder ein Umzug? Tatsächlich wäre es für die Städtischen Bühnen nicht der erste Ortswechsel. Ihre vorige Heimat zeigt ein Bild des Architekturmalers Peter Woltze (1860-1925), das vor kurzem in den Besitz des Instituts für Stadtgeschichte gelangt ist.

Vor der Erbauung des Schauspielhauses an heutiger Stelle fanden sowohl Theater-, als auch Opernaufführungen im Komödienhaus statt. Dieses zwischen 1780 und 1782 nach Plänen des Stadtbaumeisters Johann Andreas Liebhardt errichtete Gebäude hatte seinen Sitz am heutigen Rathenauplatz, der damals noch, ganz der anliegenden Einrichtung entsprechend, Komödien- oder Theaterplatz genannt wurde. Das Aquarell zeigt die klassizistische Fassade des Komödienhauses aus südlicher Richtung vom Platz aus. Links neben dem Gebäude blickt man in die angrenzende Taubenhofstraße (heute Börsenstraße), an deren Ende eine Grünanlage zu erkennen ist. Auch einige Menschen sind zu sehen: fein gekleidete, in Gespräche vertiefte Damen ebenso wie ein einfacher Kutscher auf seinem Bock.

Im Mittelpunkt des Gemäldes steht jedoch das Komödienhaus. Über ein Jahrhundert lang beherbergte es die Städtischen Bühnen und war somit eine der bedeutendsten Kultureinrichtungen Frankfurts. Der Weg zu diesem ersten dauerhaften Theaterbau der Stadt war lang. Während des 18. Jahrhunderts traten in Frankfurt viele wandernde Theatergesellschaften auf, die entweder ihre Bühne in Form einer Bretterhütte selbst bauen mussten oder diese in einem umfunktionierten Wirtshaussaal fanden. Obwohl bereits 1751 dem Rat der Stadt Frankfurt der Vorschlag unterbreitet wurde, ein ständiges Theatergebäude zu errichten, scheiterten die ersten Bemühungen um eine solche Einrichtung sehr bald. Zu groß war unter anderem der Widerstand der Frankfurter Geistlichkeit gegen die Komödianten, die angeblich der christlichen Sittenlehre entgegenwirkten und der Jugend listige Streiche beibrachten. Die Baugegner verwiesen auch auf das schon bestehende „Theater im Junghof“, das sie für vollkommen ausreichend hielten. Dabei handelte es sich ursprünglich um einen kleinen Konzertsaal, dessen Räumlichkeiten allerdings stark zu wünschen übrig ließen.

So mussten die Frankfurter noch mehrere Jahrzehnte warten, bevor ihr Theater am 3. September 1782 mit dem Stück „Hanno, Fürst in Norden“ von Johann Christian Bock feierlich eröffnet werden konnte. Doch auch hier bestanden besonders in den Anfangsjahren viele Probleme: Die Liste der Mängel reichte von unbequemen Sitzplätzen über mangelnde Heizung bis hin zu einer Rattenplage. Dennoch lobte man die gute Akustik des Hauses und den ansehnlichen Gesamteindruck. Neben diesen Eigenschaften wurden die technische Fortschrittlichkeit und die geschmackvolle Verzierung des Komödienhauses nicht nur in Frankfurt, sondern auch weit darüber hinaus mit Bewunderung festgestellt.

Die Teilnehmer des Frankfurter Fürstentages bei einem Besuch im Komödienhaus 1863
© ISG S7Z1863/30
Innenraum des Komödienhauses während einer Aufführung, ca. 1870
© ISG S7A 2009/186
Weniger glanzvoll, aber mindestens genauso beeindruckend muss das neue Schauspielhaus in der Nacht des 16. April 1785 auf die Stadt gewirkt haben, als dort zum ersten Mal ein Feuer ausbrach. Der Brand entstand in den Wohnräumen des Direktors Gustav Friedrich Wilhelm Großmann, der zusammen mit seinen sechs Kindern aus dem Schlaf gerissen wurde und nur knapp mit dem Leben davonkam. Insgesamt ging die Situation allerdings glimpflich aus. Das Theatergebäude erlitt durch die Flammen keinen großen Schaden und schon drei Tage später fand wieder eine Aufführung statt. Bevor diese begann, hielt Großmann vor versammeltem Publikum eine Rede, bei der er in halbverbranntem Frack, mit Verband um Kopf und Hände und mit seinen schluchzenden Kindern an seiner Seite auftrat. Das Feuer hatte große Teile seines persönlichen Besitzes vernichtet. Dabei handelte es sich nur um einen von insgesamt vier Bränden, die das Theater innerhalb der ersten hundert Jahre seines Bestehens verkraften musste. Der mit Abstand zerstörerischste ereignete sich sehr viel später, am 10. Juli 1878. An diesem Tag wäre beinahe das gesamte Gebäude den Flammen zum Opfer gefallen. Doch die Frankfurter Bevölkerung kam mit einem Schrecken davon und das Komödienhaus blieb noch einige Zeit eine ihrer beliebtesten Lokalitäten, bis der ständige Platzmangel die Stadt dazu zwang, sich um einen Ersatz zu bemühen.

Brand des Kömodienhauses 1878
© ISG S13/754

Peter Woltze ist vor allem als Architekturmaler bekannt. Am 1. April 1860 als Karl Friedrich Peter Berthold Woltze in Halberstadt geboren, führte ihn sein Studium bald aus dem Deutschen Reich hinaus. Neben Weimar, Karlsruhe und München studierte er in Venedig und Rom und lebte zwischen 1886 und 1900 in den USA sowie in Mexiko. Von 1900 bis 1907 wohnte Woltze in Frankfurt und war in dieser Zeit auch weiter künstlerisch tätig. Anschließend zog es ihn nach Weimar, wo er schließlich am 4. April 1925 starb.

Durch seinen Aufenthalt in Frankfurt kann das Entstehungsdatum des Bildes mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die Jahre zwischen 1900 und 1907 eingegrenzt werden. Auch die abgebildete Mode stützt diese Annahme. Die Kleider der Damen sind eher enganliegend und weniger ausladend, als es die Mitte des 19. Jahrhunderts noch üblichen Reifröcke waren. Einen weiteren Hinweis darauf, dass das Aquarell kurz nach der Jahrhundertwende entstand, liefert eine Notiz im Rahmen des Gemäldes. Hier ist „Das alte Schauspielhaus“ zu lesen. Diese Bezeichnung greift nicht nur das hohe Alter des Gebäudes auf, sondern könnte auch darauf hindeuten, dass das Komödienhaus zu diesem Zeitpunkt seine ursprüngliche Funktion als Heimat des städtischen Theaters bereits nicht mehr erfüllte. Das war ab dem 1. November 1902 der Fall, als der Nachfolgebau eingeweiht wurde. Er befand sich am heutigen Willy-Brandt-Platz, wo Oper und Schauspiel auch heute noch zu finden sind. Es liegt also die Vermutung nahe, dass das Bild nach 1902 gemalt und eingerahmt wurde, wobei die Notiz in den Rahmen gelangte.

Steht man heute auf dem Rathenauplatz, erinnert nichts mehr daran, dass sich dort für mehr als ein Jahrhundert eine der ersten Heimstätten für dramatisches Schaffen Frankfurts befand. Dies und die Tatsache, dass kaum zeitgenössische, geschweige denn farbige Darstellungen des Komödienhauses existieren, machen das Aquarell zu einem wichtigen Erinnerungsstück der Stadtgeschichte.

Text: Clara Grimm (FSJ im ISG) und Johannes Noll (Bundesfreiwilligendienst im ISG)